In fünfzig der siebzig Nachkriegsjahren der Bundesrepublik Deutschland hat die CDU/CSU das Bundeskanzleramt besetzt. Kanzlerin Angela Merkel leitete mit ihrer linkslastigen Machtpolitik aber das Ende dieser Erfolgsserie ein. Die Union verzeichnete bei den Bundestagswahlen vom 26. September 2021 mit 24,1 Prozent Wähleranteil, das schlechteste Wahlergebnis der Nachkriegszeit.

Seither nahmen die Umfragewerte zeitweise wieder auf 30 bis 31 Prozent zu, aber sie vermochten das Wahlergebnis 2017 von 32,9 Prozent nicht zu egalisieren.

Dennoch begannen viele Bürgerliche in Deutschland bereits wieder an einen Kurswechsel zu glauben, wohlwissend, dass ein solcher nur mit Hilfe der AfD zu schaffen wäre. Aber CDU-Chef Friedrich Merz wusste nichts Klügeres, als Anfang Juni im «Heute-Journal» des ZDF zu verkünden, solange er im Amt sei, werde die CDU keine Koalition mit der AfD eingehen. Damit stellt er den erhofften Kurswechsel von vornherein in Frage.

Statt sich an der AfD die Schuhe abzuputzen, wäre es dringender, endlich das sechzehn Jahre alte CDU-Parteiprogramm zu revidieren, denn im Detail zeigen die Umfragen wachsende Zweifel an der Fachkompetenz der Partei. Diese arbeitet zwar daran, und am 17. Juni wurde an einem kleinen Parteikonvent mit 160 Teilnehmern nach 180 Treffen der Fachkommissionen ein erster Entwurf diskutiert. Ob dieser allerdings ein glaubwürdiges Alternativprogramm ist, mit dem sich die Union einerseits von der Merkel-Migrationspolitik und -Energiewende abhebt, andererseits ebenso klar von der Ampel distanziert, ist zu bezweifeln. Diskussionen zur Familien-, Bildungs- Freiheits- und Friedenspolitik sind zwar wichtig, aber sie zielen an den aktuellen Sorgen vieler Wähler vorbei.

Die Bevölkerung erwartet Lösungen für die Asylpolitik, die Energieknappheit, die Erosion des Privateigentums, die Staatsschulden, die Deindustrialisierung, den Rückstand in der Digitalisierung, die Clan-Kriminalität, die Sicherheit in den Städten, die verlotterte Armee und Infrastruktur, die steigenden Lebenshaltungskosten etc.

Aber diesbezüglich unterscheidet sich die CDU/CSU nur unwesentlich von der Ampel-Koalition: Auch sie will milliardenweise Steuergelder verteilen, sie bekennt sich nicht zu einem radikalen Kurswechsel im Asylwesen, auch sie schlägt mit Schlagworten wie Solidarität, Pluralismus und Gerechtigkeit um sich, mit der die derzeitige Regierung ihre masslose Umverteilung rechtfertigt. Statt Rot-Grün mit aller Härte zu bekämpfen, wischen sich die CDU-Eliten ihre Schuhe an der AfD ab.

Merz hat sich in einen politischen Teufelskreis hineinmanövriert. Immer wieder versucht er mit bürgerlichen Positionen Wähler zurückzugewinnen. Aber sobald seine Vorstösse von den politischen Gegnern, die nie CDU/CSU wählen würden, kritisiert werden, krebst er zurück. Damit enttäuscht er regelmässig seine Stammwähler. Kein Wunder, schmelzen die Gewinne in den Umfragewerten wieder dahin.

Vom temporären Zuwachs von sechs Prozentpunkten hat die Partei in den letzten Wochen wieder ein Drittel bis die Hälfte eingebüsst. In Wählerstimmen ausgedrückt, bedeutet dies statt 27 Prozent nur noch 16 Prozent Zuwachs.

Bürger, die der CDU/CSU keine bürgerliche Wende mehr zutrauen, sind praktisch gezwungen, den letzten rettenden Strohhalm zu ergreifen und AfD zu wählen. Letztere würde sich wohl auch mit der Union verbünden, um einen Kurswechsel zu ermöglichen. Die FDP ist keine Alternative mehr. Sie ist zu unbedeutend und kämpft sogar ums eigene Überleben im Parlament, denn sie leidet unter der gleichen Schwindsucht wie die CDU/CSU.

Noch vor kurzem hat CDU-Chef Friedrich Merz grossmundig angekündigt, die AfD zu halbieren. Nun hat die AfD in mehreren Umfragen mit 20 Prozent Wähleranteil sogar die Kanzlerpartei SPD eingeholt. Die nächsten Bundestagswahlen finden spätestens am 26. Oktober 2025 statt, und die Sanduhr läuft gegen Merz und seine Union.