Die Warnungen vor einem dritten Weltkrieg kommen aus vielen Richtungen. In der Bewertung des Krieges und seiner Ursachen könnten die Politikerin Sahra Wagenknecht und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kaum weiter voneinander entfernt sein.

Wagenknecht sieht eine grosse Verantwortlichkeit für den Krieg beim Westen, während Selenskyj Russland als Verantwortlichen betrachtet. Doch während für Selenskyj in erster Linie die Stärkung seines Landes mit Waffen die Option ist, setzt Wagenknecht auf einen möglichst raschen Frieden. Sollte es nicht dazu kommen, der Krieg weitergehen und eskalieren, könnte es aus der Sicht Wagenknechts zu einem Krieg zwischen Nato und Russland kommen. Selenskyj sieht die Gefahr eines dritten Weltkriegs auch, meint aber, dieser könnte dann Realität werden, wenn Russland nicht in der Ukraine gestoppt werde. Denn dann würde ein imperialistisch ausgerichtetes Russland auch Nato-Staaten angreifen.

In einem aktuellen Beitrag hat der ehemalige Chefredakteur des Focus, Ulrich Reitz, die Sichtweisen beider Politiker miteinander verglichen. Ein guter Ansatz. Eine sachliche Gegenüberstellung der jeweiligen Positionen. Doch in der dann folgenden Argumentation und in seinen Schlussfolgerungen irrt der Kolumnist. «Liefern die Deutschen zu viel, eskalieren die Russen, um ihre Niederlage zu verhindern. Deutschland könnte Kriegspartei werden. Liefern die Deutschen zu wenig, verlieren die Ukrainer. Dann eskalieren die Russen. Deutschland könnte Kriegspartei werden. In so einer Lage kann man viel falsch und wenig richtig machen. Wagenknecht hat es da leichter: Sie muss nicht regieren.»

So sieht eine eindimensionale «Realität» aus. Nicht nur, dass in beiden angeführten Fällen nur Russland eskaliert und der Westen mit seiner Tiefen- und Eskalationspolitik nicht vorkommt: Aus welchem Grund sollte Russland Nato-Staaten angreifen? Die Reaktion der Nato-Staaten würde gewiss nicht ausbleiben. Die Gefahr eines Atomkriegs und damit die Vernichtung weiter Teile Russlands, aber auch der Nato-Staaten, würde drohen.

Und: Wenn Russland doch schon Probleme damit hat, die Ukraine einzunehmen: Wie realistisch wäre ein grosser imperialistischer Krieg des Landes? Nein, hier stolpert Russenangst oder aber einfach nur eine Analyse-Schwäche über ihre eigenen Füsse. Anders gesagt: Wer den Dritten Weltkrieg verhindern möchte, sollte besser Wagenknecht zuhören.

Marcus Klöckner ist Journalist und Autor. Zuletzt von ihm erschienen: «Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen. Das Corona-Unrecht und seine Täter», Rubikon.

Die 3 Top-Kommentare zu "Wagenknecht vs. Selenskyj: Beide warnen eindringlich vor der Gefahr eines dritten Weltkriegs. Der Unterschied: Der Weg des ukrainischen Präsidenten könnte tatsächlich dorthin führen"
  • rolf s

    Ich denke, Russland hat keine Probleme, die Ukraine einzunehmen - es ist überhaupt nicht in Russlands Interesse. Selenskyj führt einen Stellvertreterkrieg im Auftrag und Interesse der USA. Das Gerede vom "3. Weltkrieg" soll Angst und Panik erzeugen. Den 3. Weltkrieg kann keiner gewinnen. Der Einsatz von Atombomben zerstört beide Seiten. Daher ist der "3. Weltkrieg" , der die NATO-Länder und Russland beträfe, unwahrscheinlich.

  • malpi

    Richtig. Eine andere Auslegung ist nicht logisch.

  • odnalor

    Herr S. soll an die Front und schon wird er den Krieg anders beurteilen.