Dutzi, dutzi, na wo issa denn? Na wo issa denn, der Steuergroschen? Doch nicht etwa noch beim Bürger! Denn der Bürger ist erst richtig feini und bekommt vielleicht sogar noch ein kleines Leckerli vom Finanzamt zurück, wenn er brav «Sitz!» und seine Steuererklärung gemacht hat.

Das findet offenbar Baden-Württembergs grüner Finanzminister Danyal Bayaz und hat sich etwas ganz Originelles für die grenzdebilen Untertanen ausgedacht: ein lustiges Tiktok-Video mit putzigen Hamstern, die obendrein noch eine alberne rosa Schleife im Haar tragen und sprechen wie Klon-Meerschweine auf Drogen: «Nix machi Steuererkläri, nix verstehi, nur Angsti».

Nun versteht schon der Rest der Republik die Baden-Württemberger kaum mit ihrem breitmäuligen Dialekt, da kommt es auf den stammelnden Steuerhamster auch nicht mehr an. Wobei immerhin die Auswahl des Backenbeutlers als raffgieriger Vorratssammler zum Fiskus-Firlefanz passt. Und wenn’s Bürgerlein brav sein Formular ausfüllt, darf hoffnungsfroh zurückgelispelt werden: «Hoffentlich viel Geldi zurückbekommi»! Hechel, hechel, schleck, schleck …

Viel doofer geht’s nimmer, und doch ist es ja im Grunde nichts Neues, dass Politiker sich ihr Volk gern als kuschelige Lemminge wünschen und mitunter auch so vorstellen. Hinter der fiskalischen Fremdscham steckt aber noch ein anderes, viel ernsteres Problem: Eine Politik, die infantil mit volksnah verwechselt, Politiker, die Ballermann-Zotensongs grölen oder eben auf Tiktok-Filmchen abliefern, die der Jugendschutz zu Recht aus dem Kinderprogramm verbannen würde. Tinki-Winki, Dipsy, Laa-Laa, Politiker – die Teletapsis im mentalen Bällebad.

Erst kürzlich erklärte der Bundeskanzler auf Tiktok seine alte zerknautschte Aktentasche. Das war so langweilig wie das zerbeulte Lederstück unansehnlich. Vor allem aber steckt dahinter das kuriose Missverständnis, die jeweilige Plattform mache sympathisch und erfolgreich, wenn man nur auf ihr präsent sei. Es ist der gleiche unsinnige Umkehrschluss, mit dem über ein Verbot bestimmter Messenger-Dienste debattiert wird, weil man hofft, die reichweitestarken Inhalte etwa der AfD so aus der Welt zu bekommen. Plattform weg, Probleme weg.

Und weil die AfD auf Tiktok erfolgreich ist, dienen sich nun auch Grüne, der Kanzler und die Finanzamt-Hamster der chinesischen Digital-Infiltration an, wie weiland bei Grimms Märchen die faule Pechmarie, die hoffte, so reich zu werden wie die Goldmarie, wenn sie sich nur auch bei der spendablen Frau Holle verdinge.

Dass es womöglich die Inhalte selbst sind, die der jeweiligen Community gefallen oder eben nicht, auf die Idee kommen die wackeren Polithamster in ihrem Laufrad nicht. Und so ist es dann auch fast schon wieder konsequent, wenn sich ausgewachsene Mandatsträger in die bekloppte Clip-Schule begeben.

Dutzi! Dutzi! Heul. Wimmer. Wüt!

Ralf Schuler ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS und betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein neues Buch «Generation Gleichschritt. Wie das Mitlaufen zum Volkssport wurde» ist bei Fontis (Basel) erschienen.

Die 3 Top-Kommentare zu "Wenn Politiker, die infantil mit volksnah verwechseln, den Bürger mit putzigen Tiktok-Videos herabwürdigt, klingt das so: «Nix machi Steuererkläri, nix verstehi, nur Angsti»"
  • olden

    Ich denke die haben das Video vorher an Frau Baerbock getestet und da sie es verstanden hatte, hat man es gesendet.

  • aliasmailster

    Die Bezeichnung "grenzdebile Untertanen" bringt es auf den Punkt! Nur dieser Personenkreis mag sich ernsthaft mit solcher Form von Idiotie beschäftigen. Über den Urheber solcher "Produkte" muss man dann keine weiteren Informationen einholen, das "Produkt" spricht für sich.

  • bmiller

    Schon beim "Gute-Kitagesetz" ist mir das aufgefallen. Diese Leute halten sich im Ernst für überlegen.