Vor Jahrzehnten haben sie sich im Stadion der New York Yankees kennengelernt. Seither vereint die beiden eine enge Freundschaft. Als Donald Trump 2016 als Präsident kandidierte, holte er Edward T. McMullen als einen der Ersten in sein Team. Als Kampagnenchef in South Carolina verhalf McMullen seinem buddy zu einem bedeutenden Sieg auf dem Weg ins Weisse Haus. Darauf machte Trump McMullen zum Botschafter in der Schweiz, wo er dafür sorgte, dass die bilateralen Beziehungen aufblühten wie kaum je zuvor.

Nach dem Attentat auf seinen Freund hat sich McMullen auf dem Parteitag in Milwaukee, Wisconsin, eingefunden, wo die Republikanische Partei Trump offiziell zu ihrem Kandidaten gewählt hat. Die Weltwoche hat mit dem ehemaligen Botschafter in Bern über die Stimmung im engsten Kreis um Trump gesprochen.

Weltwoche: Sie sind ein enger Freund des ehemaligen Präsidenten. Wie geht es ihm?

Ed McMullen: Donald Trump ist in bester Verfassung. Er ist ein erstaunlicher Mann. Er hat sich nach den Schüssen wieder aufgerappelt. Der Attentatsversuch auf ihn ist gescheitert. Es war eine Fügung des Schicksals, dass er überlebt hat und Zeit erhält, um für das amerikanische Volk zu kämpfen und dafür zu sorgen, Amerika wieder gross zu machen. Das ist es, worauf er sich konzentriert. Er hat sich vom Boden aufgerafft, und er wird noch entschlossener weiterkämpfen, bis er eine neue Amtszeit als Präsident beendet hat.

Weltwoche: Bei seinem ersten Auftritt nach dem Attentat wirkte Trump demütig und emotional bewegt, als er die Bühne betrat. Hat das Attentat ihn als Person in irgendeiner Weise verändert?

McMullen: Ein solches Ereignis hat Auswirkungen auf jeden, der um Haaresbreite dem Tod entronnen ist. Es bringt einen dazu, sein Leben zu betrachten und sich zu fragen: «Wie viel Zeit habe ich noch, und was kann ich tun, solange ich hier bin?» Als jemand, der Donald Trump seit vielen Jahrzehnten kennt, kann ich Ihnen sagen, dass er immer das Gefühl hatte, noch ein paar Jahre Zeit zu haben, um sich auf das Erbe seiner Kinder und Enkelkinder und die Grösse der Vereinigten Staaten zu konzentrieren und diese Grösse zu bewahren, zu schützen und auszubauen. Ich glaube, nach dem Attentat ist er motivierter, engagierter und konzentrierter als je zuvor um sicherzustellen, dass die Vision, Amerika und die Welt wieder grossartig und sicherzumachen, umgesetzt wird. Das ist es, worum es ihm immer gegangen ist. Ich glaube, seine Entschlossenheit wurde durch die Ereignisse der letzten Woche noch verstärkt.

«Das Letzte, was Biden will, ist, über Themen zu sprechen. Aber er kommt jetzt nicht mehr darum herum.»

Weltwoche: Wie wird das Attentat den Wahlkampf verändern?

McMullen: Während der letzten acht Jahre haben die Demokraten Trump dämonisiert. Sie haben ihn als Hitler bezeichnet. Sie haben ihn als existenzielle Bedrohung für die Demokratie bezeichnet. Sie haben ihn entmenschlicht. Sie haben ihn zu einem Wesen gemacht, das potenzielle Attentäter angespornt hat. Jetzt, da dieser Attentatsversuch stattgefunden hat, wird sich auch die politische Landschaft verändern. Sie können nicht fortfahren wie zuvor. Alle Umfragen deuten darauf hin, dass Trump die Wahl gewinnen wird. Die Demokraten haben ihre attackierende Wahlwerbung aus dem Verkehr gezogen. Sie sind jetzt gezwungen, über Themen zu sprechen. Das ist das Letzte, was Biden will. Aber er kommt jetzt nicht mehr darum herum. Und das hilft Trump, denn in seinen vier Jahren als Präsident sind Freiheit, Demokratie und Frieden in der Welt gediehen, er hat keine Kriege geführt, eine blühende Wirtschaft aufgebaut, die Einwanderung unter Kontrolle gebracht – das sind die Dinge, über die Trump sprechen wird. Und Joe Biden muss über seine katastrophale Aussenpolitik und all die schrecklichen Vorschriften und Regierungspläne sprechen, die er eingeführt hat und die dazu beigetragen haben, die Wirtschaft in den Vereinigten Staaten zu zerstören.

Weltwoche: Mainstream-Medien und Politiker haben Trump ab 2016, vom ersten Tag seiner ersten Kandidatur an, dämonisiert. Erst kürzlich brachte The New Republic ein Titelbild heraus, auf dem Trump als Hitler dargestellt wurde. Der Spiegel hatte ein Cover von Trump als Isis-Terrorist, der die Freiheitsstatue enthauptet. Inwieweit hat diese hasserfüllte Nachrichtenwelt eine Atmosphäre geschaffen, in der ein Attentat möglich wurde?

McMullen: Ich war vor ein paar Monaten in Zürich und sah ein Titelblatt des Spiegels, auf dem er als «Diktator» dargestellt wurde. Mehrere Spiegel-Titelseiten haben versucht, ihn wie einen aufstrebenden Hitler aussehen zu lassen. Das erwähnte Cover der New Republic war eine der schrecklichsten Titelseiten, die ich je in der Geschichte des Journalismus gesehen habe. Diese Sprache und die Bemühungen der Demokraten, ihn ins Gefängnis zu bringen und ihn zu einem Verbrecher zu machen, alle politischen und politisierten Versuche, den Ruf dieses Mannes zu untergraben, ihn zu entmenschlichen und zu zerstören, das führte zum Ergebnis, das die Welt letztes Wochenende gesehen hat. Verrückte Menschen tun verrückte Dinge.

Weltwoche: Es gibt viele Leute, die sagen: «Es gibt zu viele Waffen in Amerika.» Trump hätte sich für strengere Vorschriften und gegen die Waffenlobby einsetzen müssen.

McMullen: Wenn es keine solche Waffe gewesen wäre, wäre es ein Messer oder eine Bombe oder etwas anderes gewesen, was der Attentäter benutzt hätte. Wenn sie dich ermorden wollen, werden diese Verrückten einen Weg finden, dich zu ermorden. Offenbar hat man herausgefunden, dass der Junge [Trump-Attentäter Thomas Matthew Crooks, 20; die Red.] einen Van am Strassenrand geparkt hatte, in dem er mit mehreren Brandsätzen unterwegs war.

«Während acht Jahren haben die Demokraten Trump dämonisiert. Sie haben ihn entmenschlicht.»

Weltwoche: Die Menschen in aller Welt sind fassungslos. Wie konnte der Secret Service diese Person nicht erkennen und aufhalten? Offenbar haben einige Anwesende den Schützen erkannt und Warnungen ausgesprochen.

McMullen: Das haben sie.

Weltwoche: Was lief schief beim Secret Service, dessen Hauptaufgabe es ist, den aktuellen und die ehemaligen Präsidenten zu schützen?

McMullen: Meine Erfahrung mit dem Secret Service ist, dass die Leute an der Front, die Männer und Frauen, die dem Secret Service dienen, Profis sind, die jeden Tag für den Schutz des Präsidenten hart arbeiten. Als ich Botschafter war, hatten wir ihren Schutz am WEF in Davos. Ich hatte die Gelegenheit, diese Agenten kennenzulernen und mit ihnen zusammenzuarbeiten. Sie sind grossartige Staatsdiener. Das Problem, das wir haben, ist, dass Alejandro Mayorkas, der Minister für Innere Sicherheit, und Präsident Biden eine Frau als Direktorin des Secret Service eingesetzt haben, die keine Ahnung hat, wie man diese Behörde führt.

Weltwoche: Sie sprechen von Kimberly Cheatle, die am 22. Juli zum Attentat im Kongress befragt werden soll.

McMullen: Sie hat es sich zur Priorität gemacht, nicht den besten Secret Service der Welt zu schaffen, um unseren Präsidenten und unsere wichtigsten Führungskräfte zu schützen, sondern dafür zu sorgen, dass Frauen 50 Prozent der Belegschaft innerhalb der Behörde stellen. Es gibt grossartige Frauen, und ich kenne viele von ihnen, die für den Secret Service arbeiten. Aber man erreicht keine Spitzenleistungen, indem man Quoten festsetzt. Das ist eine Lektion, die wir lernen müssen. Wir haben es auf dem Video des Attentatsversuchs gesehen. Die beiden Frauen, die versuchten, den ehemaligen Präsidenten zu schützen, waren nicht gross und stark genug, um Trump rasch aus der Gefahr und in ein Auto zu bringen. Sie hätten ihn niemals einem potenziellen zweiten Schützen aussetzen dürfen. Wäre ein zweiter Attentäter vor Ort gewesen, hätte er den Job einfach beenden können. Trump hätte schnell und professionell weggebracht werden müssen. Es wird jetzt mehrere Untersuchungen geben, um sicherzustellen, dass sich so etwas nicht wiederholt.

«Er hat sich vom Boden aufgerafft, und er wird noch entschlossener weiterkämpfen.»

Weltwoche: Seit dem Anschlag auf Ronald Reagan 1981 hat es kein Attentat mehr auf einen US-Präsidenten gegeben. War der Secret Service damals professioneller?

McMullen: Wenn Sie sich das Video von Ronald Reagans Attentat ansehen, sehen Sie, dass es nur wenige Sekunden dauerte, bis der Secret Service ihn abführte, in sein Auto setzte und ins Krankenhaus brachte. Gott sei Dank war Trump nicht tödlich verwundet und zudem in einer Position, in der er sich vom Tatort entfernen konnte. Aber wir müssen daraus lernen.

Weltwoche: Was ist die erste Lektion, die es zu lernen gilt?

McMullen: Diese Frau loszuwerden, die aus Motiven der politischen Korrektheit eingesetzt wurde. Sie hat noch nie in ihrem Leben eine Behörde geleitet. Sie sollte nie in dieser Position sein. Niemals. Wenn es ihr Ziel ist, die Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen, dann versteht sie ihren Job nicht, der darin besteht, den Präsidenten zu schützen.

Weltwoche: Es gibt Berichte, wonach das Trump-Team um strengere Sicherheitsvorkehrungen für den ehemaligen Präsidenten gebeten hat und diese abgelehnt wurden. Der Secret Service hat Behauptungen zurückgewiesen, er habe zusätzlichen Schutz verweigert. Wissen Sie mehr darüber?

McMullen: Ich kann Ihnen Folgendes sagen: Wegen der Tötung von Qasem Soleimani [Irans ehemaliger Spionagemeister und Kommandeur der Quds-Truppe; die Red.] haben die iranischen Mullahs gegen Robert C. O’Brien, unseren ehemaligen Nationalen Sicherheitsberater, eine Fatwa ausgesprochen. Ebenso gegen den ehemaligen Aussenminister Mike Pompeo und gegen Donald Trump. Alle drei Staatsdiener verdienen den uneingeschränkten Schutz des Geheimdienstes, um sicherzustellen, dass ihr Leben und ihre Familien nicht gefährdet sind. Diese Regierung hat diese Angelegenheit nicht ernst genug genommen, und das Ergebnis sehen wir jetzt.

Weltwoche: Sowohl Trump als auch Präsident Biden haben das Land nun zur Einigkeit aufgerufen. Glauben Sie, dass die geteilte Nation wieder zusammenfinden wird, nachdem die Amerikaner in den Abgrund von Mord und Chaos geblickt haben?

McMullen: Meine Erfahrung in der Politik ist, dass die Vereinigten Staaten nicht das einzige gespaltene Land sind. Grossbritannien ist stark polarisiert, Deutschland, Frankreich, wir sehen das überall auf der Welt. Es gibt einen sehr deutlichen Unterschied in der Art und Weise, wie Menschen die Zukunft sehen. Die einen streben nach mehr Freiheit, weniger Staat, mehr Spielraum, ihr Leben so zu gestalten, wie sie es wollen. Die anderen sehen in der Regierung eine Befehls- und Kontrollinstanz, die das Leben der Menschen stärker reguliert. Diese sehr deutlichen Unterschiede lassen sich nur sehr schwer zusammenbringen. Ich denke, wir können die ganze Zeit darüber reden, die Rhetorik abzuschwächen. Das ist etwas, das wir tun müssen, wir müssen damit aufhören, jeden Gegner zu entmenschlichen.

Weltwoche: Donald Trump hat seine politischen Gegner und Parteirivalen mit scharfen Worten attackiert. Kritiker sagen, er habe selbst das politische Klima aufgeheizt.

McMullen: Präsident Trump hat Joe Biden nie entmenschlicht. Das hat er auch bei Hillary Clinton nicht getan. Er hat Bemerkungen gemacht, die humorvoll oder lustig waren. Er hat nie gesagt, sie seien Nazis oder Rassisten. Das sind ernste, bissige Worte. Das ist die Art und Weise, wie die Demokraten in den Vereinigten Staaten seit Jahrzehnten agieren, indem sie eine Spaltung zwischen den Rassen und zwischen den Geschlechtern herbeiführen. Das muss sich unbedingt ändern. Wir sind am Punkt, an dem wir damit aufhören müssen, denn dafür ist in unserem Diskurs kein Platz.

Weltwoche: Der Parteitag ist die grösste Zusammenkunft der Republikaner. Wie ist die Stimmung innerhalb der Partei in diesen Tagen?

McMullen: Ich habe die Republikaner noch nie so vereint und fokussiert gesehen. Selbst die Republikaner, die bei den Vorwahlen nicht für Trump waren. Sie versammeln sich jetzt hinter ihm. Ich habe Leute gesehen, die sich lange zurückgehalten haben, Spender, die fragen: «Wie kann ich zum Parteitag kommen und unseren Kandidaten unterstützen?» Menschen, die traditionell gemässigt sind und sich nicht in die Parteipolitik einmischen, versuchen jetzt, einen Weg zu finden, sich zu engagieren und Trump zu zeigen, dass sie ihn unterstützen. Dies ist nicht das Ergebnis, das sich der Attentäter und seine Gesinnungsgenossen erhofft hatten. Ich denke, es ist ein echter Beweis für die aufrichtige Gutmütigkeit der Menschen in den Vereinigten Staaten, für Fairness und die Bereitschaft, sich hinter jemanden zu stellen, von dem sie wissen, dass er das Land und die Welt tatsächlich zu einem besseren Ort machen kann. Deshalb sehen wir diese Art von entschlossener Konzentration auf die Wahl des Präsidenten. Es gibt einen klaren Kontrast zwischen den beiden Kandidaten. Joe Biden versucht nach dem Attentat zwar, das Land zusammenzuhalten, wirkt aber sehr schwach und unfähig, das zu tun. Die Demokraten haben ihre Rufmordkampagne gegen Donald Trump vorerst eingestellt. Wir werden sehen, wie lange das anhält, denn sie sind noch nicht bereit, über die Themen zu sprechen, die die Amerikaner umtreiben.