Nicht nur die Kantonsregierungen und die Hochschulen rufen ständig nach einem institutionellen Abkommen mit der Europäischen Union. Auch die «Wirtschaft», sagt man uns, verlange endlich «geregelte Beziehungen» zum grossen europäischen Markt. Tatsächlich gehörte der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse zu den lauten Trommlern für die Anbindung an die EU-Rechtssetzung. «Wie das Rahmenabkommen unsere Souveränität stärkt», lautete etwa der Titel eines seltsamen Werbeartikels von Economiesuisse.

Weil der Bundesrat beschlossen hat, bis Ende Juni 2023 neuerdings «Eckwerte» eines Verhandlungsmandats zu definieren, herrscht bei Economiesuisse frenetischer Jubel: «Die Aufbruchstimmung in der Schweizer Europapolitik hält Einzug in den Bundesrat.» Nur: Wohin steuert dieser «Aufbruch»? In den Abbruch der Rechtsetzung von Volk und Ständen durch die Übertragung der obersten, letztinstanzlichen Rechtsetzung und Rechtsprechung an Brüssel. Dies geschieht allerdings mit schleierhaften Begriffen wie «vertikaler» und «sektorieller Ansatz», «dynamische Rechtsübernahme» oder «befristete Immunisierung» einzelner Binnenmarktabkommen.

Swissmem, der Wirtschaftsverband der Maschinen- und Elektroindustrie, begeisterte sich ebenfalls für den Anbindungsvertrag: «Das institutionelle Abkommen mit der EU verdient Unterstützung.» Jetzt will Swissmem die Beziehungen zur EU «modernisieren» und «auf eine langfristig tragfähige Basis stellen». Hören wir hier wirklich die Stimme der «Wirtschaft»? Zweifel sind angebracht.

Es sind nicht in erster Linie die gesunden, kraftstrotzenden Unternehmen, die sich bei den Wirtschaftsverbänden Gehör verschaffen. Es sind nicht die vielen blühenden Betriebe mit übervollen Auftragsbüchern, die jammern und klagen. Die Notschreie, die Schweiz und die Schweizer müssten sich endlich unter den Schutz und Schirm der maroden EU begeben, stammen vielmehr von Firmen, die wenig robust im Markt stehen. Die Schweiz ist zwar nicht die Krone der Schöpfung. Aber die EU-hörigen Wirtschaftsvertreter sind die Krone der Erschöpfung.