«Historisch belegt sind sie nicht», urteilt Swissinfo schneidend über die Schweizer Gründungsmythen. Das Portal Watson ärgert sich über Wilhelm Tell: «Wie unser Freiheitsheld seit seiner Geburt instrumentalisiert wurde.» Die NZZ lässt zwei Historiker zu Wort kommen, die «mit alteidgenössischen Mythen aufräumen». Beide kommen zum wenig überraschenden Schluss: «Auf dem Rütli hat niemand geschworen.» Jakob Tanner, marxistischer Hoher Priester der Schweizer Geschichtswissenschaft, darf bei SRF News bekennen: «Helden bedeuten mir nichts.» Und überhaupt schwäche eine «engstirnige Lesart» der Mythen die Demokratie und stärke «mächtige Wirtschaftsinteressen» (Wochenzeitung). So weit der wirtschaftsunabhängige Wirtschaftshistoriker.

Die genannten und unzählige weitere Kritiker der Schweizer Gründungsmythen haben allerdings gar nichts gegen Mythen, wenn diese aus dem fernen Ausland stammen. Etwa dann, wenn Mythen der indigenen Bevölkerung Nordamerikas mit viel Aufwand und Staatsgeld erforscht werden. Viele davon sind nur mündlich überliefert, da die «Indianer» vor dem Kontakt mit dem bösen weissen Mann keine Schriftform kannten. Im Umgang mit diesen Mythen können die linken Politiker, Wissenschaftler und Journalisten nicht genügend Respekt und Empathie zeigen.

Oder wechseln wir in den Zentralpazifik: Die indigene Bewegung in Hawaii blockiert heute erfolgreich ein Projekt für die Erweiterung eines bereits bestehenden Observatoriums auf einem Vulkan. Weil der Berg gemäss ihrem Mythos heilig ist. Dies alles steht auf der Basis einer absolut absurden Entstehungsgeschichte, gegen welche die Bibel geradezu ein Mathematikbuch ist.

Der Schöpfungsgesang «Kumulipo» der Ureinwohner wurde im 18. Jahrhundert vom bösen weissen Mann aufgezeichnet. Auch im Umgang mit diesen Mythen können die linken Politiker, Wissenschaftler und Journalisten nicht genügend Respekt und Empathie zeigen. Dabei haben im Vergleich zum hawaiianischen Schöpfungsmythos der Wilhelm Tell oder der Rütlischwur geradezu die Präzision eines physikalischen Experiments.