Worte setzen ins Bild. Die Sprache ist nach wie vor das präziseste Instrument zur Beschreibung der Wirklichkeit. Fotografien können täuschen, in die Irre führen. Bilder sprechen das Herz an, wühlen auf. Darin liegt ihre Kraft, aber auch ihre Gefahr.

Man kann die Qualität einer Regierung, die Ehrlichkeit einer Politik anhand ihrer Worte, am spezifischen Gebrauch der Begriffe messen. Im demokratischen Staat sollten die Leute ehrlich informiert werden, sei es durch die Behörden, sei es durch die Medien.

Leider kann man sich darauf nicht mehr verlassen. Selbst in der harmlosen Schweiz greift der Staat mit seinen anschwellenden PR-Abteilungen zur Propaganda. Vor der Abstimmung über die EU-Personenfreizügigkeit zum Beispiel machte die Regierung mit falschen, viel zu tiefen Zuwanderungsprognosen Stimmung.

Statt sie zu hinterfragen, beteten die Medien die Fake News nach.

Diktaturen, Despotien sind Staaten der Lüge. Wenn Worte ihre Bedeutung verlieren, wussten schon griechische und chinesische Philosophen, ist die Freiheit in Gefahr. Der Schriftsteller George Orwell hat in seinem Roman «1984» die totalitäre Sprachverwüstung präzis erfasst.

Doch auch Demokratien sind nie gefeit. Schleichend verbreiten sich die staatlich sanktionierten Unwahrheiten. Wohlklingend, dem Ohr des Bürgers schmeichelnd, nisten sich die Lügen ein, Worte, die nicht beschreiben, sondern verdrehen, vernebeln, täuschen sollen.

Krass läuft es in Deutschland. Darf man von einer systematischen Irreführung, von bewusster Manipulation, gar von Betrug reden? Diesen Eindruck habe ich. Die Behörden sind nicht ehrlich, und leider machen die Medien bei der Sprachverwirrung mit.

«Sondervermögen», so nennt man in Berlin neuerdings Schulden. Geld, das man nicht hat und das einem nicht gehört, wird zum staatlichen Guthaben umgelogen. Staatsausgaben wiederum wurden zu «Investitionen» umetikettiert, als ob der Staat ein gewinnorientiertes oder gar profitables Unternehmen wäre.

Die grösste Schindluderei aber ist das «Bürgergeld». So nennen die Sprachfälscher eine jüngst umbenannte deutsche Sozialleistung, die von den Regierenden als grandiose Errungenschaft besungen wird. «Bürgergeld», das klingt fantastisch, Geld für die Bürger, Geld der Bürger.

Eigentlich müsste das Bürgergeld Arbeitslosengeld heissen. Denn das ist sein Zweck. Der Staat zahlt Arbeitslosenunterstützung, aber er möchte das nicht sagen. Offenbar ist es den Regierenden unangenehm, dass es Arbeitslose gibt. Also bringt man sie als «Bürger» zum Verschwinden.

Das Perfide an Propaganda, an Fake News ist, dass sie meistens einen Sachverhalt nicht einfach erfinden. Nein. Sie nehmen etwas, was es gibt, aber stellen es so dar, verdrehen es dermassen, dass es eine andere Bedeutung bekommt.

Natürlich sind viele deutsche Arbeitslose auch deutsche Staatsbürger, aber, wie in der Schweiz, eben bei weitem nicht alle. Sehr viele Ausländer, vermutlich eine Mehrheit unter den Stellenlosen, beziehen Arbeitslosenhilfe. Durch das Bürgergeld steigen die ausländischen Nichtbürger zu deutschen Mitbürgern auf, eine Art begriffliche Einbürgerung findet hier statt.

Dahinter steckt ein Konzept. Seit je möchten die Linken den Unterschied zwischen Ausländern und Deutschen schleifen. Am besten, die Deutschen gehen auf im grossen Strom der Migration. Die Ideologen des Multikulti schaffen den deutschen Bürger ab, indem sie alle zu deutschen Bürgern erklären, auch die arbeitslosen Ausländer, die keine deutschen Staatsbürger sind.

«Ausländische Mitbürger» ist wieder so ein Wortbetrug, ein Widerspruch in sich selber. Denn entweder ist man Ausländer, oder aber man ist Mitbürger. Politiker, Medien, die hier keinen Unterschied mehr sehen wollen, haben die deutsche Staatsbürgerschaft faktisch preisgegeben und damit auch das deutsche Grundgesetz, das zwischen Bürgern und Nichtbürgern klar trennt.

Zudem diskriminiert der Begriff «Bürgergeld» all jene deutschen Bürger, die noch arbeiten und keine Arbeitslosenhilfe beziehen. Sind sie keine richtigen Bürger mehr, weil sie kein «Bürgergeld» bekommen, am Ende nur noch Bürger zweiter Klasse? Ist der dumme Bürger der, der auf das ihm zustehend scheinende «Bürgergeld» verzichtet?

An ihren Worten sollt ihr sie erkennen. Immerhin öffnen solche Schummel- und Betrugswörter tiefen Einblick in das linke Denken. Der Sozialstaat soll von einer Versicherung für Notfälle zum Selbstbedienungsladen, zur Hängematte für alle umfunktioniert werden.

Hoffentlich dämmert es den Deutschen rechtzeitig. Bald werden sie auch hier am Hartbeton der Wirklichkeit aufprallen.

Fassen wir zusammen: Bürgergeld ist Arbeitslosengeld. Das aber will man nicht sagen, um niemanden zu diskriminieren. Alle, die noch arbeiten, sind keine richtigen Bürger mehr, Bürger zweiter Klasse. Und die Ausländer, die überdurchschnittlich arbeitslos werden, sind Bürger, obwohl sie gar keine Bürger sind.

Ein Staat, der seine Bürger belügt, ist keine Demokratie. Eine Regierung, die nicht ehrlich redet, ist eine Gefahr. Und Journalisten, die das Wort nicht mehr ernst nehmen, sind Komplizen der Macht. Die Deutschen haben sich alles selber eingebrockt, aber sie hätten eine bessere Politik verdient.

Die 3 Top-Kommentare zu "«Bürgergeld», ein deutscher Wortbetrug"
  • schwaber

    Deutschland ist im Vergleich zu typischen Einwanderungsländern wie USA, Kanada und Australien kein Einwanderungsland, sondern zu einem "Siedlungsgebiet" geworden.

  • e.h.d

    Bis 2004 gab es bei einer in D erworbenen Arbeitsbiographie dann bei Arbeitslosigkeit die Versicherungsleistung Arbeitslosengeld + daran anschliessend die 2004 abgeschaffte Arbeitslosenhilfe. 'Arbeitslosengeld II' war wie 'Bürgergeld' Rosstäuscherei. Beides war/ist eine neugeschaffene S o z i a l h i l f e für erwerbsfähige + arbeitslose B e w o h n e r Deutschlands ohne Anspruch auf andere Hilfe. Mit ALG II wie Bürgergeld ermöglicht(e) + fördert(e) man systematisch massenhaften Armutszuzug.

  • Herbert Wolkenspalter

    Ein Staat, der Menschen ideologisch transformieren will, weil sie ihm nicht passen, geriert sich als Gegner der Bürger.