Der Velohändler um die Ecke kommt in Deutschland nicht mehr ohne Rechtsbeistand aus. Schuld daran ist das sogenannte Lieferkettensorgfaltsgesetz, das in der EU gerade die letzten Meter zurücklegt, um tatsächlich beschlossen zu werden.

EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen will es unbedingt, das Parlament ist auch dafür, aber Länder wie Deutschland und Italien verweigern ihnen den Gehorsam. Es steht Spitz auf Knopf. Diese Woche noch soll entschieden werden. Fällt das Gesetz durch, wird es eine der grössten Pleiten von der Leyens, aber der Velohändler kann aufatmen.

Wieso?

Kommt das Gesetz, muss der Händler, wenn er zum Beispiel die Werksfahrräder eines grösseren Unternehmens repariert, Fragebögen und Formulare seines Kunden ausfüllen, in denen er über seine Umweltschutzbemühungen, seine Beschäftigungsverhältnisse und die Sicherheit am Arbeitsplatz verbindlich Auskunft gibt. Ohne Rechtsberatung ist das kaum möglich.

Von der Leyens Gesetz ist ein Bürokratie-Tsunami, der alle erfasst. Betriebe über 500 Mitarbeiter sind auskunftspflichtig und damit auch alle ihre Zulieferer. Auch die, die nicht in der EU produzieren, müssen Auskunft geben, wenn sie nur Waren oder Dienstleistungen ins EU-Gebiet liefern wollen.

Dabei haben sich die meisten Unternehmen bereits zur Einhaltung der Uno-Menschenrechtsstandards bekannt und achten beim Einkauf heute schon genau auf die Wahl der Zulieferer. Brancheninitiativen, etwa im Textilbereich, gehen in die gleiche Richtung.

Das Lieferkettensorgfaltsgesetz ist damit ein Beispiel für Misstrauen und Regelungswahn, wie es der EU und ihrer Chefin vorgeworfen wird. Der Vorwurf – er bewahrheitet sich stets aufs Neue.