Marcel Fratzscher ist nicht irgendwer, sondern er ist Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin. Er ist einer der führenden ökonomischen Köpfe des Landes.

Fratzscher hat jetzt eine Studie vorgelegt – mit einem klaren Ergebnis. Es lautet: Falls die AfD an die Regierung käme, würde das einer Gruppe besonders schaden: ihren Wählern.

Hat er recht?

Der Ökonom zieht Untersuchungen heran, wonach AfD-Wähler eher über geringe bis mittelhohe Einkommen und Bildung verfügen. Die Zustimmung zur AfD sei insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen hoch. Die Politik, für die die AfD steht, fasst Fratzscher demgegenüber so zusammen: Sie fordert eine sehr liberale Wirtschafts- und Finanzpolitik. Sie setzt sich in fast allen Bereichen für Steuersenkungen ein. In der Sozialpolitik wünsche sich keine Partei im Bundestag stärkere Einschnitte bei den Sozialleistungen als die AfD. Sie spreche sich gegen eine Stärkung der Rechte der Mieter aus, hat gegen die Erhöhung des Mindestlohns votiert und will das Bürgergeld beschneiden.

Fratzschers Fazit: «Die Widersprüche zwischen den Interessen der AfD-Wähler und den Positionen der AfD könnten kaum größer sein.»

So weit lässt sich dem Ökonomen folgen. Aber Fratzscher hält beispielsweise auch die Abkehr von der derzeitigen Klimapolitik für besonders schädlich für AfD-Wähler. Warum, weiss keiner.

Er kritisiert, dass die AfD sich gegen eine staatliche Anerkennung von islamischen Verbänden als Religionsgemeinschaften ausspricht, dass sie sich gegen die Berücksichtigung unterschiedlicher Geschlechtsidentitäten in Veröffentlichungen der Bundesbehörden wendet und eine Ausweitung des Wahlrechts bei Bundestagswahlen auf Jugendliche ab 16 Jahren ablehnt. All das kann man kritisieren, aber warum eine Erfüllung solcher Forderungen den AfD-Wählern nun besonders schadet, bleibt Fratzschers Geheimnis.

Deswegen ist auch diese Studie ein Beitrag zur Sprachlosigkeit. Die Debatte unter Anhängern und Gegnern der AfD ist schon lange vergiftet. Das Zuhören wurde abgeschafft. Dazu allerdings tragen beide Seiten eifrig bei.