Chefredaktor Gieri Cavelty, Sohn eines soliden Bündner Oberländer CVP-Ständerats, hat seine Familientradition seit langem weit links überholt.

Als Chefredaktor des Sonntagblicks machte er dieses Organ zu einem zuverlässigeren sozialdemokratischen Partei- und Gewerkschaftsblättchen, als es die Rote Anneliese, Work und die Wochenzeitung zusammen sind. Kein Wunder, konnte ein bekannter SP-Nationalrat kürzlich sagen: «Ich muss den Sonntagsblick nicht lesen, ich vertrete ja längstens, was drinsteht.»

Selbst in seinem Redaktionsumfeld wusste niemand vorgängig vom Rücktritt des Chefs, der von sich aus gekündigt hat. Obwohl im Verlag Ringier die Zahlen seit langem Stirnrunzeln auslösen. Giery Cavelty hat den Sonntagsblick vor sechs Jahren als auflagenstärkste der Sonntagszeitungen übernommen. Demnächst erfolgt der Abstieg in den Tabellen-Schlussrang.

Dennoch blieb Nachfolger Reza Rafi nichts anderes übrig, als Gieri Cavelty jauchzend in alle Himmel hochzuheben: «Er wird als Journalist in die Annalen eingehen, der den Sonntagsblick zurück in die Relevanz geführt hat.» Solche Trompetenstösse werden Caveltys Vorläufer Christine Maier, Hannes Britschgi, Christoph Grenacher, Bernhard Weissberg oder Fridolin Luchsinger mit gemischten Gefühlen zur Kenntnis nehmen. Finden sie sich doch in der Rolle jener, die dem Sonntagsblick jede Relevanz genommen haben.

Historiker Gieri Cavelty hat sich entschieden, ab August Geschichte an einem Gymnasium zu unterrichten. Ob der Geschichtsunterricht Caveltys als «Animal politique» (Sonntagsblick) ausgewogener ausfallen wird, als seine chefredaktionellen Editorials?