Wolodymyr Selenskyj greift den ehemaligen US-Aussenminister Henry Kissinger frontal und persönlich an, nachdem dieser in einem Video zum WEF in Davos vorgeschlagen hat, die Ukraine solle dem Frieden zuliebe einen Teil ihres Gebietes aufgeben.
Selenskyj vergleicht das mit der Beschwichtigungs-Politik gegenüber Adolf Hitler vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Es scheine, als ob Kissinger «nicht das Jahr 2022, sondern das Jahr 1938 im Kalender hat, und er dachte, er würde nicht in Davos, sondern im München jener Zeit sprechen», sagte Selenskyj in seiner täglichen Ansprache an die Nation.
Der ukrainische Präsident kontrastierte den Vorschlag mit der Familiengeschichte Kissingers. Der gebürtige Jude war als Teenager aus Nazi-Deutschland geflohen. Er sei damals alt genug gewesen, um alles zu verstehen, sagte Selenskyj. Aber niemand habe damals von Kissinger gehört, dass es notwendig war, «sich den Nazis anzupassen, anstatt vor ihnen zu fliehen oder sie zu bekämpfen».
Russland habe am Fliessband getötet, gefoltert, vergewaltigt und erniedrigt. Trotzdem gebe es «immer jemanden, der sagt: ‹Lasst uns Putins Interessen berücksichtigen.›».
„Russland habe am Fliessband getötet, gefoltert, vergewaltigt und erniedrigt.“ Stimmt. Die ukrainische Regierung mit ihren Schergen jedoch ebenfalls. Selenskyj dürfte gerne mal darauf eingehen, wie Militante unbewaffnete Ostukrainer in einem Haus mit Molotow-Cocktails bewarfen. Wer nicht verbrennen wollte, sprang auf dem Fenster und wurde totgeschlagen. Oder er blieb auf dem Fenstersims, wo er von den genannten Schergen heruntergeschossen wurde.
Ich bin wahrlich kein Fan von Henry Kissinger. Sicher, er ist brillant. Aber er hat u.a. 9/11 mitzuverantworten, also 9/11/1973 als Beginn der Ermordung tausender Chilenen und der Schreckensherrschaft von Pinochet. Wie sagte Volker Pispers sinngemäß „Der damalige Osama Bin Laden hieß Henry Kissinger.“ Aber hier gebe ich Kissinger Recht. Als Kissinger seine ersten Morde beging, lebte Selenskyj noch nicht mal. Allein die Erfahrung, auch Imperium USA vs. Ukraine, sollte zum Nachdenken anregen.
Herr Henry Kissinger weiss aus Erfahrung was Realpolitik ausmacht. Selenskyj wird wohl erst noch die Erfahrung machen müssen, was Realpolitik wirklich ausmacht und dann so ganz nebenbei auch frustriert feststellen, dass er lediglich einen Stellvertreterkrieg führen darf. Mehr wird man nämlich auch der Ukraine nicht zubilligen wollen. Politisch und sachlich betrachtet kennt sich Henry Kissinger aus damit, aber Selenskyj sicherlich nicht.