Die Schweiz ist ein Wunder. Einen demokratischeren Staat gibt es nicht. Der grosse Basler Historiker Jacob Burckhardt bewunderte die Schweiz. Sie war fĂŒr ihn ein Staat, in dem der BĂŒrger noch BĂŒrger im «umfassenden Sinn des Wortes» sei. TatsĂ€chlich gibt es kein Land, in dem die BĂŒrger mehr zu sagen haben. Und auf den ersten Blick ist es ja erstaunlich: Ihre StaatssĂ€ulen stellen Volksrechte, Freiheit und Eigenverantwortung ins Zentrum. Damit ist die Schweiz hervorragend gefahren, hat sie mit Erfolg navigiert durch die StĂŒrme und Shitstorms der Geschichte. Trotzdem ist sie ein weltweit einzigartiger Sonderfall geblieben. Niemand will oder kann das Erfolgsmodell kopieren. Warum eigentlich nicht, wo es doch nachweislich so gut funktioniert?

Nur bei oberflĂ€chlicher Betrachtung ĂŒberrascht die Diagnose. Die Schweiz ist das Gegenteil eines Machtstaats. Ihre Staatsform ist eine Zumutung fĂŒr jeden Politiker, denn sie setzt ihn dem gnadenlosen Misstrauen der BĂŒrger aus. In keinem anderen Land haben die Politiker weniger und die BĂŒrger mehr zu sagen. Das ist der Grund, warum die meisten Schweizer Politiker, wenn sie tief genug in den Spiegel schauen, erkennen, dass sie unsere Institutionen der MachtzertrĂŒmmerung – direkte Demokratie, Kantönligeist, Gemeindeautonomie und Föderalismus, immerwĂ€hrende, bewaffnete, umfassende NeutralitĂ€t – im Grunde als BelĂ€stigung empfinden, als einen institutionalisierten Störfall, als beleidigende Vereitelung und Behinderung ihres Wirkens, das sich in anderen Staatsformen weit freier entfalten könnte.

Nichts ist weniger selbstverstĂ€ndlich als unsere Freiheit, die Freiheit von uns Schweizern, und niemand bedroht sie mehr als die von uns direkt oder indirekt gewĂ€hlten Politiker, obwohl sie diesen Befund natĂŒrlich auf das Entschiedenste und wohl auch auf das Empörteste zurĂŒckweisen wĂŒrden, was nur umso klarer belegt, dass es stimmt. TĂ€glich arbeiten sie in Bern daran, Parteien, Verwaltung, Richter, die Macht des Volkes zurĂŒckzudrĂ€ngen, zu relativieren, zu beschneiden, um dadurch die eigene Macht automatisch zu vergrössern. Jede auch noch so abwegige Chance und Gelegenheit packen sie, um ihrem Ziel nĂ€herzukommen, die einzigartigen Volksrechte aus Eigennutz zurĂŒckzubinden. Mit Corona und dem Klima sind sie erst recht auf den Geschmack gekommen. Jetzt machen sie weiter. Es sei denn, der BĂŒrger hindert sie daran.

Die EU ist ein Gebilde zur Selbstverwirklichung von Politikern.

Keineswegs behaupte ich, hier lĂ€ge nur böser Wille vor, ein finsteres Machtstreben, wie es in der Geschichte so viel Unheil angerichtet hat. Das mag es in EinzelfĂ€llen geben, niemand ist heilig oder perfekt, es sind alles nur Menschen, aber aus meiner Sicht hat es mit den Eigengesetzlichkeiten, mit der inneren Wachstumsdynamik des Staates zu tun, des grössten Monopols in einem jeden Land. Dessen Sachwalter und Profiteure werden zu Prothesen, zu ausfĂŒhrenden Agenten eines Apparats der Macht, den sie doch eigentlich hemmen, dĂ€mmen und einhegen sollten. Unter die RĂ€der kommen die BĂŒrger, kommt die Freiheit, kommen schliesslich Wohlstand und Wohlergehen des ganzen Landes. Beispiele finden sich zuhauf.

Seit Jahren versucht eine Mehrheit der Parteien, um, wie es heisst, den wirtschaftlichen Fortbestand der Schweiz zu sichern, unser Land den Institutionen der EuropĂ€ischen Union zu unterwerfen. Obwohl das Volk keinen EU-Beitritt will, weder einen offenen noch einen verdeckten, ist man dabei, unserer Schweiz einen unwĂŒrdigen Kolonialvertrag aufzuschwatzen. Am Nasenring will man uns nach BrĂŒssel fĂŒhren. Warum machen die Politiker da mit, obwohl sie in allen Sonntags- und Erstaugustreden so eloquent die institutionellen Segnungen preisen, die sie im Alltag nicht mĂŒde werden wegzusĂ€beln? Es ist einfach: Es geht um die Macht. In der EU haben die Politiker sehr viel zu sagen, die BĂŒrger dafĂŒr umso weniger. Die EU ist ein Gebilde zur Selbstverwirklichung von Politikern, die sich der engmaschigen Aufsicht zu Hause entziehen möchten. Das gelingt auch, weil «in der EU alle fĂŒr alles verantwortlich sind und niemand fĂŒr etwas» (Christoph Blocher).

Man muss gar nicht so weit suchen. Politiker pflegen ihre Macht. Die Schweiz mit ihren «checks and balances», mit ihren weltweit stĂ€rksten, einzigartigen Volksrechten hindert sie daran. Diesem Joch wollen sich die meisten Politiker entwinden. Das ist der tiefere Grund, warum sie jetzt den Einmarsch der Russen in der Ukraine benĂŒtzen, um die sch